E-HealthKI
Im Krankenhaus, beim Hausarzt, beim Sport oder zu Hause – in kaum einem anderen Bereich werden so viele Daten erhoben wie im Medizin- und Gesundheitswesen. Im Sinne der Gesundheit wird gemessen, getrackt und ausgewertet. Künstliche Intelligenz (KI), auch Artificial Intelligence (AI), kann diesen Datenbergen Herr werden, sie miteinander in Bezug setzen und so nutzbar machen. Was Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen sind und wie sie die Gesundheit verbessern können.
Wenn Maschinen, Roboter oder Softwaresysteme selbstständig Aufgaben lösen, Muster erkennen oder Pläne erarbeiten, ohne dass jeder Schritt vorher einzeln programmiert wird, spricht man von Künstlicher Intelligenz. Werden sie mit großen Datenmengen gefüttert, können sie lernen und sich selbstständig weiterentwickeln – es sind Lernende Systeme. Da der Intelligenzbegriff nicht fest definiert ist, verändert sich, je nach Stand der Technik, was man genau unter Künstlicher Intelligenz versteht.
Maschinelles Lernen ist Teil und wichtiges Merkmal der Künstlichen Intelligenz. Es ist ein Werkzeug, um große Datenmengen, beispielsweise aus Medizin, Industrie oder Verkehr, auszuwerten. Doch wie lernt eine Maschine? Notwendig sind dafür zunächst jede Menge Trainingsdaten. Mithilfe von vorgegebenen Algorithmen analysiert die KI die Daten. Sie erkennt Gemeinsamkeiten und Muster und kann so Modelle entwickeln und Vorhersagen treffen. Diese Erkenntnisse werden gespeichert und selbstständig auf neue Problemstellungen angewendet.
Sekundenschnelle Übersetzungen, automatisiertes Fahren, Spracherkennung – das ist heute bereits Alltag. Dahinter steckt Deep Learning, eine spezielle Form des Maschinellen Lernens, die auf neuronalen Netzen basiert. Die einzelnen Neuronen sind ähnlich wie Nervenzellen aufgebaut, führen einfache Rechenaufgaben durch und sind miteinander vernetzt. In der Entwicklungsphase wird ein neuronales Netz mit jeder Menge Daten trainiert und bekommt vom Programmierer Rückmeldung, ob das Ergebnis richtig oder falsch ist. Je nachdem werden so bestimmte Verbindungen im neuronalen Netz stärker, andere schwächer. Je mehr qualitativ hochwertige Trainingsdaten die KI erhält, desto präziser wird sie. Für den Einzelnen ergeben sich daraus viele Chancen.
Durch Datenanalyse von KI können neue Erkenntnisse über Krankheiten, deren Risikofaktoren und Verbreitung gewonnen werden. Die Folge: Menschen mit hohem Krankheitsrisiko können schneller identifiziert werden, beispielsweise durch die Analyse des Erbguts (Genom), der äußeren Erscheinung eines Organismus (Phänotyp), Proteinen (Proteom) oder Mikroorganismen (Mikrobiom). Diese Personen mit erhöhtem Risiko können daraufhin genau beobachtet werden und ihren Lebensstil anpassen. Lernende Systeme können zudem, beispielsweise in Form einer App, mit individuellen Trainingsplänen die Krankheitsvorbeugung unterstützen.
Mithilfe von KI kann eine schnellere und präzisere Diagnose erfolgen: In der diagnostischen Bildgebung analysieren Algorithmen Bilder aus Radiographien, nuklearmedizinischen Verfahren, Magnetresonanztomographien oder Ultraschall beispielsweise von Hirn, Lunge oder Haut bereits heute teilweise schneller und zuverlässiger als Ärzte. Auch seltene Krankheiten können schneller erkannt werden: So haben Wissenschaftler der Universität Bonn und der Charité – Universitätsmedizin Berlin gezeigt, dass mithilfe Künstlicher Intelligenz die Diagnose bestimmter seltener Erbkrankheiten effizienter und sicherer erfolgen kann. Dafür kombinierte ein neuronales Netzwerk der Künstlichen Intelligenz automatisch Porträtfotos mit Gen- und Patientendaten. Die Lernenden Systeme berechnen dabei lediglich, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass das Ergebnis, die Vorhersage oder Diagnose zutrifft – basierend auf den Daten, mit denen das System trainiert wurde. Sie können dem medizinischen Personal also nur als Informationsquelle und Orientierungshilfe dienen.
Eine weitere Chance von Artificial Intelligence für akut Erkrankte ist, dass die Therapie individuell angepasst werden kann, indem Vitaldaten, etwa Blutzucker oder Blutdruck, automatisch beobachtet und ausgewertet werden.
Wer an einer chronischen Krankheit leidet, muss häufig viele verschiedene Medikamente – oft ein Leben lang – einnehmen. Intelligente Systeme können die optimale Dosierung für den Einzelnen berechnen und so Nebenwirkungen verringern. Zudem gehen mit chronischen Erkrankungen häufig Begleit- oder Folgeerkrankungen, wie psychische Krankheiten, einher. Auch sie können in diesem Zusammenhang eher erkannt und entsprechend behandelt werden.
Allgemein können Medikamente frühzeitiger auf den Markt gebracht werden, da Künstliche Intelligenz die großen Datenmengen schneller verarbeitet und die Entwicklungsphase verkürzt.
KI-gestützte Spracherkennung kann Pflegende bei Aufgaben wie der Wunddokumentation entlasten. Indem die Künstliche Intelligenz diese Routineaufgaben übernimmt, bleibt mehr Zeit für die eigentliche Pflege der Patienten oder Angehörigen. Ein weiteres Feld sind KI-gestützte Rehabilitationsroboter. Ein Anwendungsbeispiel: Ein Patient kann nach einem Schlaganfall sein linkes Bein nicht mehr beugen. Er ist jedoch mit einem intelligenten System verbunden, das seine Hirnaktivität misst und auswertet. Die KI sendet die Informationen dann den Rehabilitationsroboter, der die gewünschte Bewegung umsetzt. Der Patient kann damit seine motorischen Fähigkeiten schneller wiedererlangen.
Von der Prävention bis zur Pflege – Künstliche Intelligenz kann die Gesundheit des Einzelnen unterstützen und verbessern. Inwieweit KI im medizinischen Alltag genutzt werden kann, ist allerdings noch offen:
Grundlage von KI sind Daten. Wenn diese fehlerhaft oder nicht in ausreichender Menge vorhanden sind, können falsche Ergebnisse entstehen, die negative Auswirkungen auf die Behandlung des Patienten haben. Dazu kommt, dass die KI zwar sehr gute und präzise Vorhersagen treffen kann, oft jedoch nicht nachvollziehbar ist, wie sie zu diesen Ergebnissen gekommen ist. Zudem sind medizinische Daten besonders sensible Daten, die geschützt werden müssen. Wichtige ethische Fragen auch zum Datenschutz sind jedoch noch nicht geklärt.
Quellen:
Lernende Systeme – Die Plattform für Künstliche Intelligenz: Prävention, Diagnose, Therapie. Lernende Systeme im Gesundheitswesen. Grundlagen, Anwendungsszenarien und Gestaltungsoptionen
Lernende Systeme – Die Plattform für Künstliche Intelligenz: Eine kurze Geschichte der KI, online unter: www.youtube.de (aufgerufen am 20.08.2019)
Eberhard Karls Universität Tübingen: Die Universität Tübingen erklärt Maschinelles Lernen, online unter: www.youtube.de (aufgerufen am 20.08.2019)
Digital kompakt: AI unplugged #5. Neuronale Netze einfach erklärt, online unter: www.digitalkompakt.de (aufgerufen am 20.08.2019)
Breaking Lab: Künstliche Intelligenz Special: Künstliche neuronale Netze - Computer lernen sehen, online unter: www.youtube.de (aufgerufen am 20.08.2019)
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